Landkreis unterschätzt Gefahrenpotential
Es ging vor einiger Zeit durch die Medien: Ein angetrunkener 20-Jähriger hat Ende Juni in Ottobrunn vier Menschen attackiert und dabei eine Notärztin in ihrem Rettungswagen schwer verletzt. Die 46-jährige Ärztin verlor mehrere Zähne und erlitt Schnittwunden sowie ein Schädel-Hirn-Trauma; sie lag mehrere Tage in einem Krankenhaus. Bundesweit ist die Zahl der Angriffe auf Rettungskräfte in den letzten Jahren stark gestiegen.
„Nichts polarisiert in der Feuerwehr-Welt momentan so stark wie das Thema Gewalt gegen Rettungskräfte. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendwo in Deutschland Feuerwehrmänner und Rettungskräfte angepöbelt oder gar angegriffen werden,“ so der CDU-Kreistagsabgeordnete aus Teltow-Fläming, Dirk Steinhausen, der aus diesem Grund eine Anfrage an die Kreisverwaltung richtete.
Im Ergebnis sind die Antworten der Beigeordneten, Dr. Dietlind Biesterfeld (SPD), allerdings enttäuschend. Steinhausen nahm Bezug auf eine Studie aus Nordrhein-Westfalen.
Der Lehrstuhl für Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum befragte im Mai und Juni 2017 rund 4.000 haupt- und ehrenamtliche Feuerwehr- und Rettungsdienstkräfte aus Nordrhein-Westfalen.
Die Studie über gewaltsame Übergriffe auf Feuerwehr und Rettungskräfte zeigte, dass 26 Prozent der Rettungskräfte in den letzten 12 Monaten Opfer von körperlicher Gewalt im Einsatz geworden sind, bei Feuerwehren sind es 2 Prozent. Deutlich höher liegt mit 92 Prozent (Rettungsdienst) und 36 Prozent (Feuerwehr) die Zahl der verbalen und mit 75 Prozent (Rettungsdienst) und 29 Prozent (Feuerwehr) der nonverbalen Übergriffe.
Steinhausen sieht die Entwicklung mit Sorge: „Etwa 80 Prozent der Einsatzkräfte meldeten solche verbalen oder nonverbalen Ausbrüche erst gar nicht. Leider werden die Vorfälle im Landkreis nicht erfasst und somit können kaum wirksame Gegenmaßnahmen entwickelt werden. Ein Armutszeugnis für das zuständige Dezernat. Zumindest wird es in 2019 entsprechende Fortbildungsangebote geben.“ Erkenntnisse aus der Studie lassen auf eine extrem hohe Dunkelziffer von nicht angezeigten Fällen von körperlicher Gewalt schließen.
Laut Aussage der Kreisverwaltung sind zumindest Stichschutzwesten vorhanden. Somit scheint es in diesem Bereich ja durchaus‚ die Notwendigkeit des persönlichen Schutzes zu geben. Steinhausen hat im letzten Kreisausschuss, der auch Werksausschuss für den Rettungsdienst im Landkreis ist, dafür geworben, häufiger das Thema auf die Tagesordnung zu setzen: „Hier gilt es die Feuerwehr- und Rettungskräfte zu sensibilisieren und gleichzeitig Ihnen den Rücken zu stärken, dass dies eben nicht, wie häufig angenommen, Teil des Jobs ist. Um wirksame Maßnahmen zu entwickeln, ist eine Bestandsaufnahme notwendig.“